Wie Du deinen NPCs mehr Leben einhauchst
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Markus Schönell

Wie Du deinen NPCs mehr Leben einhauchst

Lesezeit: 4 Minuten

Zufrieden klappte Kathrin ihren Laptop zu. Die letzten Tage hatte sie viel Zeit und Liebe in das nächste Abenteuer ihrer Gruppe gesteckt. Der rote Faden war vorhanden, Story Hooks  gesetzt und die Karte und Orte skizziert. Eigentlich hätte sie sich jetzt gemütlich aufs Sofa verkrümeln können, ihren Kater Mr. Spock kraulen und ein Buch lesen, aber etwas ließ Kathrin doch nochmal den Laptop öffnen und ihre Notizen checken.
Nachdem Mr. Spock so schändlich auf dem Sofa allein gelassen wurde, entschied sich der Kater dazu es sich auf Kathrins Schoß gemütlich zu machen und sich zusammenzurollen. Mit der Maus scrollte Kathrin durch ihre Notizen, während sie mit ihrer linken Hand ihren Kater hinter den Ohren kraulte. Mr. Spock war sehr zufrieden mit den Multitasking Fähigkeiten seiner Dosenöffnerin.

Irgendetwas fühlte sich einfach noch nicht Rund genug an. Aber was? Sie scrollte über ihre NPC Notizen und blieb dort hängen. „Der Wirt der Taverne Zum Rostigen Trog beauftragt die Gruppe nach dem Dorfmagier zu suchen um das Erneuerungsritual durchzuführen.“ Beim wiederholten Lesen klang das ziemlich generisch. Wie ein schlechter Auftrag in einem PC Adventure Game. Gehe da hin, kloppe X und bringe Loot zu Y. Und wie Kathrin so weiter überlegte, verhielt sich ihre Gruppe leider öfter genau so. So in Gedanken versunken, hatte sie glatt vergessen die Streicheleinheiten für Mr. Spock fortzuführen. Der Kater quittierte dieses frevlerische Verhalten mit einem liebevollen Biss in ihre Hand. „Autsch, du Monster. Ich kraule dich ja schon weiter.“

Kathrin blickte auf den schwarzen Pelzball auf ihrem Schoß und dann wieder in ihre Notizen. Mr. Spock hatte ein Bedürfnis, das er ihr ziemlich deutlich mitgeteilt hatte. Das leichte brennen in ihrem Handballen, erinnerte sie daran, das Kraulen wieder einzusetzen. Eigentlich waren NPCs Charaktere, die ihren eigenen Bedürfnissen folgen und somit Einfluß auf die Handliung des weiteren Abenteuers nehmen.

NPCs folgen ihren eigenen Bedürfnissen und nehmen dadurch Einfluß auf die Handlung des Abenteuers.

Was machte einen NPC plastischer und erlebbarer? Von Ihren Spielerinnen hatte Kathrin am Anfang erwartet, dass sie ihre gespielten Charaktere kurz beschreiben und ihre Motivationen zusammenschreiben. Warum hatte sie diese Erwartung nicht auch in die von ihr dargestellten Nicht-Spieler-Charaktere gesetzt. 

Allein dein Name bestimmt, wer du bist. Er entscheidet, welchen Beruf du ausübst, ob du Vermögen hast, ja, sogar wie du aussiehst. Denn jedem Namen wohnt eine einzigartige, unsterbliche Magie inne..

In einem Buch das Kathrin vor kurzem gelesen hatte ging es um die Magie die im Namen der Person inne lag und irgendwie war da viel wahres dran. Es klang doch bereits viel spannender wenn ihre Abenteurerinnen nicht auf den Wirt der Taverne Zum rostigen Trog stießen, sondern auf den dicklichen Tjörborn Ohnesorg, der bereits in der dritten Generation die Taverne zum rostigen Trog führte. Der Name stammte übrigens daher, dass die Ohnesorgs vor vielen Generationen Schweine züchteten. Tjörborns Ur-Großvater hatte leider kein Händchen für Tiere, dafür aber für Hopfen. Die Schweine gingen, aber der Trog blieb. Jetzt stand er vor dem Eingang zur Schänke um durstigen Pferden seiner Gäste Wasser zu spenden.

Wow, dachte Kathrin. Das klang gleich viel besser und lieferte auch noch den richtigen Grund warum ihre Gruppe genau in diese Taverne gehen wollte. Schnell ergänzte sie in ihrem Notizbuch unter dem Punkt „Abenteuer erschaffen“ – Wenn du deinen NPCs Namen gibst, machst du sie viel greifbarer. Jedem Namen wohnt Magie und eine Geschichte inne.

Das fühlte sich gleich viel besser an. Aber vielleicht konnte man noch weiter Informationen ergänzen? Kathrin nahm sich einen Stapel Lernkarten, die sie fürs Studium verwendet hatte und schrieb oben in die linke Ecke den Namen von Tjörborn und unterteilte dann die restliche Karte in vier Felder denen sie die Eigenschaften Sagt, Denkt, Tut, Fühlt zuordnete.

Auf der Rückseite der Karte notierte Kathrin noch schnell die Informationen die sie mit Tjörborn verband. Wirt in dritter Generation, dicklich, Lachfalten, speckige Lederschürze, riecht immer ein bisschen nach Hopfen, ergrauter Vollbart, struppiges langes Haar zum Pferdeschwanz gebunden…
Als sie durch das schreiben ein besseres Bild von Tjörborn hatte, drehte sie die Karte wieder um und betrachtete die vier Felder.

In Kathrins Fantasie erwuchs das Bild eines gutherzigen und gastfreundlichen Wirtes dem sein Dorf sehr am Herzen lag. Also notierte sie unter Sagt: „Kommt nur herein! Bei Tjörborn ist für jeden Gast ein Platz!“
Jetzt wurde es schon schwieriger. Was war Tjörborns Motivation? In ihrem Abenteuer ging es darum das der Dorfmagier entführt worden war um das Ritual der Erneuerung zu vereiteln. Dieses Ritual war wichtig um das Dorf vor bösen Mächten aus dem Dornenwald zu beschützen. Ah! Da war sie ja die Motivation! Kathrin notierte sich unter Denkt: Wir müssen den Dorfmagier finden, sonst ist das Dorf verloren. Damit waren auch die Gefühle klar. Kathrin notierte Sorge, Angst, Kummer. Damit wurde dann auch das letzte Feld einfacher. Unter „Tut“ trug sie ein: Versteckt seine Sorgen unter Humor. Sucht Helden die für ihn den Dorfmagier finden.

Mr. Spock streckte sich zufrieden und sprang von Kathrins Schoß. Es war seiner Dosenöffnerin jetzt lang genug erlaubt worden sein Fell zu kraulen. Zur Belohnung trottete er aus dem Arbeitszimmer Richtung Küche um sich mit etwas Trockenfutter zu belohnen.

Kathrin hatte das Gefühl jetzt viel besser die Beweggründe ihres NPCs zu verstehen und ihrer Gruppe darstellen zu können. So motiviert wiederholte sie die Prozedur noch für den Dorfmagier und den fiesen Landvogt der für alles verantwortlich war. Und zu guter Letzt vereinbarte Kathrin mit sich selber, dass sie ab sofort jedem NPC auf den ihre Gruppe stoßen sollte zumindest einen Namen geben würde. 

Jetzt konnte sie wirklich zufrieden ihren Laptop schließen und ihre Notizen zur Seite legen. So in Gedanken versunken hatte sie gar nicht mitbekommen wie ihr Kater aufgestanden war. Wo war Spock nur? Da erklang ein lautes Scheppern, wie Porzellan das auf Fliesen fällt, aus der Küche. „Spock! Was hast du wieder angestellt“, fluchte Kathrin und stürmte aus dem Arbeitszimmer.

Kathrin verwendet in der Geschichte das Tool Empathy Mapping. Empathy Mapping wird in Projekten und im Marketing verwendet, um sich ein besseres Bild über seinen Kunden oder Stakeholder zu verschaffen. 
Sobald wir die Bedürfnisse und die Entscheidungsgrundlagen unseres Gegenübers kennen, haben wir die Chance empathischer auf ihn eingehen zu können. Im Kontext des Rollenspiels hilft mir dieses Tool um die Beweggründe und Handlungen meiner als Gamemaster dargestellten Figuren besser zu verstehen. Dadurch kann ich sie auch in einem weiteren Handlungsrahmen besser verorten.
Meine kleinste Einheit zur Darstellung von Nebenrollen ist immer der Name. Namen machen Personen einfach greifbarer und nahbarer. Hierzu reicht mir eine Liste an gängigen Vornamen und Nachnamen beiderlei Geschlechts und sofern neben menschlichen noch weitere Wesen vorhanden sind auch gängige Namen für diese. 

Photo by Aaron Burden on Unsplash

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