Photo by Javier Allegue Barros on Unsplash
Markus Schönell

Markus Schönell

Wie Du jeden in deiner Gruppe richtig abholst!

Lesezeit: 6 Minuten

In diesem Beitrag schauen wir uns unsere Spieler genauer an und versuchen herauszufinden was ihre Aufmerksamkeit fesselt. Dadurch hast Du die Möglichkeit deine Geschichte besser auf deine Spieler abzustimmen und ihnen mehr Spass am Tisch zu bereiten.

Hast Du schon einmal in einem Vortrag gesessen und deine Gedanken schweiften immer zu ab? Oder Du musstest dich auf deine Prüfung vorbereiten und hast den Stoff ganz trocken aus einem Buch pauken müssen und nichts, aber auch wirklich garnichts blieb hängen. Aber sobald dir ein Freund den Stoff erklärt hat, machte es auf einmal Pling?

Das liegt daran, dass wir Informationen unterschiedlich aufnehmen und verarbeiten können. Man unterscheidet im allgemeinen fünf unterschiedliche Bereiche die ich Dir kurz vorstellen möchte:

  • Visuell
  • Auditiv
  • Kinästhetisch
  • Kommunikativ
  • Leser & Schreiber

Visuell
Wer von uns visuell geprägt ist, benötigt Bilder um eine Erzählung mit Erlebnissen zu verknüpfen. Das sind die Leute am Tisch die Fragen: „Kannst Du das kurz mal aufzeichnen? Hast Du einen Plan davon? Könnte ich davon mal ein Bild sehen?“
Wie denkst Du könnte man so einen Spieler/eine Spielerin am Spieltisch richtig abholen?
Ich denke Dir ist das bereits klar. Bilder von NPCs, Karten von Orten oder Häusern, Gezeichnete Ausrüstungsgegenstände, eben alles was wir mit dem Auge wahrnehmen können.
Mögliche Lösung:
Lege dir ein Archiv an, digital oder physisch ist dir überlassen, mit ganz vielen Bildern die du nach Themengebieten sortierst.
Eine Mögliche Sortierung könnte sein: Portraits, Tiere, Ausrüstung, Fahrzeuge, Waffen, Orte…

Auditiv
Ich hoffe mal, das jeder in deiner Gruppe einen Anteil an Auditiver Begeisterung hat, denn ansonsten würde es bei einem Erzählspiel ziemlich anstrengend die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten.
Die Auditiven unter uns sind begeisterte Podcast oder Hörspielverfolger. Filme können im Hintergrund laufen solange ich alles aufs Ohr bekomme. Aber auch Musik macht ganz viel für den Auditiven aus.
An welche Melodie denkst du wenn ich dich nach Jack Sparrow frage? Oder Raumschiff Enterprise? Welche Melodie verknüpfst du mit Die verrückte Welt der Amelie? An welchen Sound denkst du bei Psycho? Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass du ziemlich schnell ein Lied oder zumindest eine bestimmte Passage aus dem Soundtrack im Ohr hattest. Dieses Erinnern an Ereignisse durch Musik kannst Du dir super zu nutze machen.
Wie denkst Du könnte man so einen Spieler/eine Spielerin am Spieltisch richtig abholen?
Genau, gib Ihnen was aufs Ohr! Wie wäre es mit einem passenden Intro und Outro-Song deiner Session. Verknüpfe NPCs und ihre Handlungen mit Liedern. Es dauert keine fünf Sessions und du nutzt ein Lied und alle am Tisch wissen ob sie in die, pardon, Scheisse gegriffen haben oder etwas positives passiert. Lass Spieler für ihre Charaktere ein Lied heraussuchen und wenn der jeweilige Charakter im Fokus steht, nutze das Lied.
Mögliche Lösungen:
Unsere wunderbar digitalisierte Welt bietet x Möglichkeiten um einen Abend mit Musik zu unterfüttern. Leg dir via Spotify oder Apple Music eine eigene Playlist an. Nutze deine (hoffentlich legale) mp3 Sammlung oder wenn es zum Szenario passt nutze den guten alten Plattenspieler oder Kassetten oder CDs…
Nichts ist cooler als bei einem 80er Szenario nen Walkman auf den Tisch zu legen und auf Play zu drücken.
Es gibt Apps die dich mit Hintergrundgeräuschen unterstützen oder du schaust auf Youtube. Werde zu deinem eigenen DJ und wenn du nicht so der Auditive bist, dann lass dich doch von deiner Gruppe unterstützen.
Hier findet Ihr meine Spotifyplaylist für City of Mist (Ein System was ich jedem nur ans Herz legen kann)

Kinästhetisch
Die Kinästheten unter euch sind vielleicht noch garnicht bis hierher gekommen, weil sie bereits Bilder suchen, einen Ordner anlegen oder Musik zusammenstellen. Die Kinästheten am Spieltisch sind schnell ausgemacht. Lange Planung ist nicht ihr Ding. Sie wollen schnell in die Handlung einsteigen. Entscheiden impulsiv und probieren lieber aus als lange zu überlegen. Meistens wollen diese Spieler auch gerne etwas in die Hand nehmen und experimentieren.
Wie denkst Du könnte man so einen Spieler/eine Spielerin am Spieltisch richtig abholen?
Wenn Du deine Gruppe mit Rätseln überraschst, dann kannst du für die Kinästheten versuchen es greifbar zu machen. Nutze Knobelwürfel die richtig positioniert werden müssen. Bücher die in die richtige Reihenfolge gestellt werden müssen. Ein Trickschloss zum Öffnen und einen Satz Dietriche.
Streue in dein Abenteuer schnelle Cineastische Schnitte ein. Denke an Quick-Time-Events bei Computerspielen oder an Indiana Jones wie er der riesigen Fellskugel entkommen muss.
Mögliche Lösungen:
Gib diesem Spielertypus etwas in oder an die Hand mit dem sie sich beschäftigten können. Streue Quick-Time-Events in dein Abenteuer oder ziehe einfach die Geschwindigkeit an. In Gesprächen zwischen NPC und SC begrüsse den SC tatsächlich mit Handschlag oder Klopf ihm auf die Schulter. Kleine „Larp-Einlagen“ sind auch am Spieltisch möglich. Tavernenspiel lässt sich mit der richtigen Deko auch an den Tisch bringen.

Kommunikativ
Der Kommunikative hat immer eine Geschichte zu erzählen. Über seinen Charakter, ein bereits erlebtes Abenteuer, zum Regelwerk, es gibt einfach immer etwas zu berichten. Durch das erzählen können die Kommunikativen sich auch einfach besser zusammenhänge merken. Sie sind die Diplomaten am Spieltisch oder lieben es lange Dialoge zwischen den Charakteren oder NPCs auszuspielen. Eine Lösung im Gespräch ist ihnen lieber als das direkte Vorgehen eines Kinästheten. Und selbst wenn ihr Charakter unter einer Horde Goblins begraben wurde, du wirst sie immer noch reden hören.
Wie denkst Du könnte man so einen Spieler/eine Spielerin am Spieltisch richtig abholen?
Für den Kommunikativen braucht es also die Möglichkeit Reden zu halten, Ereignisse zusammen zufassen, mit anderen in den Dialog zu treten um besser in die Geschichte zu kommen oder in ihr zu bleiben.
Mögliche Lösungen:
Gib dem Kommunikativen die Möglichkeit zu Reden, klingt doch einfach. Er könnte am Anfang des Abends das bereits geschehene Zusammenfassen, oder am Ende der Session nochmal alles Zusammenfassen. Baue die Möglichkeit ein das die Charaktere sich gegenseitig austauschen können und beratschlagen, oder lasse den Kommunikativen glänzen und eine flammende Rede halten (wenn es zum Charakterkonzept passt)

Leser & Schreiber
Die Leser und Schreiber unter den Spielern sind auch schnell gefunden. Wer packt zu erst den Stapel Regelwerke aus, oder wer beginnt als erstes sich Notizen zu machen als Du die einführende Geschichte erzählst? Bingo. Ich persönlich mag die Leser & Schreiber, vielleicht weil ich auch zu diesem Typus gehöre. Natürlich ist es manchmal anstrengend wenn sie nach jedem Namen nachfragen, oder dich korrigieren weil du einen Namen mal vergessen hast oder verwechselt. Der Leser und Schreiber wird den Fehler finden. Schließlich wird ja auch alles protokolliert.
Wie denkst Du könnte man so einen Spieler/eine Spielerin am Spieltisch richtig abholen?
Nun ja, liegt wie der Titel schon sagt auf der Hand. Lass sie lesen und schreiben. (Sie werden es eh tun) Sie sind perfekt um Dinge für die Gruppe zu organisieren oder Ereignisse zusammenzufassen. Der Kommunikative erzählt der Schreiber hält es fest für die nächsten Runden. Wunder dich auch nicht wenn der Leser und Schreiber nach einem Jahr dich noch auf etwas Hinweisen kann was genau jetzt dein Abenteuer beeinflusst.
Mögliche Lösungen:
Chronist der Gruppe wäre doch ein Ansatz. Als Charakter, sowie als Spieler. Der Barde der epische Geschichten über die Abenteuer der Gruppe niederschreibt. Lasse die Leser und Schreiber Buch führen über alles und jeden in der Gruppe. Geb ihnen Texte zum entschlüsseln und enträtseln. Frag sie ob sie dich als Spielleiter nicht unterstützen wollen und die Abende zusammenfassen.

Sind wir jeweils nur ein Typ oder eine Mischung aus den 5?

Tatsächlich werden wir alle aus allen oder mehreren dieser Klassen Punkte finden, die auf uns zutreffen.
Nimm Dir einfach mal fünf bis zehn Minuten für Dich und überlege welche der Klassen dich am meisten ansprechen und was dir am ehesten liegt. Denn das, wird sich auch in deinem Spiel- bzw. Erzählstil wiederfinden.

Wenn Du mit Dir fertig bist, nimm dir noch einmal die Zeit und überleg dir für alle deine Spieler zu welchen Klassen sie tendieren. Vielleicht hast du beim Lesen aber auch schon genau das gemacht, dann umso besser.

Diese Informationen werden dir helfen zu überlegen auf welche Stilmittel du in deinem Abenteuer zurückgreifen kannst um alle am Spieltisch besser abzuholen.

Hierfür kannst Du zum Beispiel so eine Vorlage verwenden:

Jedes Eck übernimmt eine der Bedürfnissklassen und je weiter nach außen du deine Markierung setzt, umso ausgeprägter ist der Bereich.
Wenn du die Punkte danach verbindest und ausmalst bekommst du die Ausprägungskarte von dir oder deinem Spieler.

Zusammenfassung:
Wir haben unterschiedliche Bedürfnisse die uns am Spieltisch das Geschehen aufmerksamer verfolgen lassen oder auch nicht.

Wir unterscheiden zwischen:

  • Visuellen Spielern
  • Auditiven Spielern
  • Kinästhetischen Spielern
  • Kommunikativen Spielern
  • Leser & Schreibern

Je besser ich die Bedürfnisse kenne die sich positiv auf die Aufmerksamkeit meiner Spieler auswirken, umso besser kann ich sie abholen.

Mein Ziel als Spielleiter sollte es sein, einen guten Mix aus den jeweiligen Bedürfnissen im Abenteuer zu integrieren. Aber nicht nur die Bedürfnisse meiner Spieler sondern auch meine persönlichen werden eine Auswirkung auf das Abenteuer haben. Schliesslich werden meine Vorlieben die Art wie ich leite immer beeinflussen.

Share this post

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.